July 30, 2025

Arbeitszeugnis und Gehalt: Was Arbeitgeber:innen beachten müssen

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Das Arbeitszeugnis ist mehr als nur ein formales Dokument zum Arbeitsende – es ist ein wichtiges Instrument für die berufliche Laufbahn der Mitarbeiter. Für Arbeitgeber:innen bringt die Erstellung von Arbeitszeugnissen jedoch zahlreiche rechtliche Verpflichtungen mit sich. Besonders beim Thema Gehalt herrscht oft Unsicherheit: Darf die Vergütung im Zeugnis erwähnt werden? Welche Informationen sind zulässig und welche strikt verboten? Dieser Artikel klärt über die wichtigsten rechtlichen Aspekte auf.

Rechtliche Grundlagen des Arbeitszeugnisses

Jede:r Arbeitnehmer:in hat nach § 109 der Gewerbeordnung (GewO) einen gesetzlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Dieser Anspruch besteht unabhängig von der Dauer der Beschäftigung, der Art der Kündigung oder dem Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das Zeugnis muss zwei grundlegende Anforderungen erfüllen: Es muss wahr und vollständig sein, darf aber gleichzeitig die berufliche Zukunft des/der Arbeitnehmer:in nicht gefährden.

Es gibt zwei Arten von Arbeitszeugnissen: Das einfache Arbeitszeugnis beschränkt sich auf die Angabe von Art und Dauer der Beschäftigung. Das qualifizierte Arbeitszeugnis enthält zusätzlich eine Bewertung der Leistung und des Verhaltens des/der Arbeitnehmer:in. In der Praxis verlangen Arbeitnehmer fast immer ein qualifiziertes Zeugnis, da nur dieses aussagekräftige Informationen für zukünftige Arbeitgeber:innen liefert.

Gehalt im Arbeitszeugnis: Grundsätzlich verboten

Eine der wichtigsten Regeln beim Arbeitszeugnis lautet: Gehaltsangaben gehören nicht in ein Arbeitszeugnis. Generell verboten sind im Arbeitszeugnis Aussagen über Krankheiten, Schwangerschaft, Elternzeit, Gehalt, Nebentätigkeiten (außer bei Verstoß) oder Straftaten (ohne Arbeitsbezug). Diese Regel gilt ausnahmslos und dient dem Schutz der Privatsphäre des/der Arbeitnehmer:in.

Die Rechtsprechung hat diese Regelung eindeutig bestätigt: Gehaltsangaben können zu Diskriminierung bei künftigen Bewerbungen führen und sind daher unzulässig. Weder die Höhe des Grundgehalts noch Angaben zu Boni, Sonderzahlungen oder anderen Vergütungsbestandteilen dürfen im Arbeitszeugnis erscheinen.

Warum Gehaltsangaben problematisch sind

Die Erwähnung von Gehaltsinformationen im Arbeitszeugnis birgt verschiedene Risiken:

Diskriminierungsgefahr: Ein niedriges Gehalt könnte potenzielle Arbeitgeber:innen zu falschen Schlüssen über die Qualifikation oder Leistung des/der Bewerber:in verleiten. Umgekehrt könnte ein hohes Gehalt dazu führen, dass der Bewerber:innen als "zu teuer" eingestuft wird.

Datenschutzverstoß: Gehaltsangaben gehören zu den besonders sensiblen personenbezogenen Daten. Ihre Weitergabe ohne ausdrückliche Zustimmung des/der Arbeitnehmer:in verstößt gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Wettbewerbsverzerrung: Gehaltsangaben können den Verhandlungsspielraum des/der Arbeitnehmer:in bei neuen Arbeitgeber:innen einschränken und faire Gehaltsverhandlungen erschweren.

Ausnahmen und Grenzfälle

Obwohl Gehaltsangaben grundsätzlich verboten sind, gibt es wenige Ausnahmesituationen:

Auf ausdrücklichen Wunsch des/der Arbeitnehmer:in: Wenn der/die Arbeitnehmer:in explizit die Aufnahme von Gehaltsangaben verlangt, kann der/die Arbeitgeber:in diesem Wunsch entsprechen. Dies sollte jedoch schriftlich dokumentiert werden.

Branchenspezifische Besonderheiten: In einigen spezialisierten Branchen können Gehaltsangaben branchenüblich sein. Auch hier sollte die Zustimmung des/der Arbeitnehmer:in eingeholt werden.

Indirekte Gehaltshinweise: Manchmal werden indirekte Hinweise auf das Gehaltsniveau versucht, etwa durch Formulierungen wie "im oberen Gehaltsbereich" oder "entsprechend seiner Qualifikation vergütet". Solche Formulierungen sind ebenfalls unzulässig.

Was stattdessen im Arbeitszeugnis stehen sollte

Anstatt Gehaltsangaben sollten Arbeitgeber:innen folgende Informationen in einem qualifizierten Arbeitszeugnis aufnehmen:

  • Persönliche Daten: Name, Geburtsdatum, Beschäftigungsdauer
  • Tätigkeitsbeschreibung: Detaillierte Aufgaben und Verantwortungsbereiche
  • Leistungsbeurteilung: Bewertung der fachlichen Qualifikation und Arbeitsqualität
  • Verhaltensbeurteilung: Sozialverhalten gegenüber Vorgesetzten, Kolleg:innen und Kund:innen
  • Schlussformel: Dank und Zukunftswünsche

Rechtliche Konsequenzen bei Fehlern

Verstöße gegen die Vorschriften können erhebliche Konsequenzen haben:

Schadensersatzansprüche: Wenn durch unzulässige Gehaltsangaben ein Schaden entsteht, kann der/die Arbeitnehmer:in Schadensersatz verlangen.

Zeugnisberichtigung: Der/Die Arbeitnehmer:in kann die Entfernung unzulässiger Angaben und die Ausstellung eines korrigierten Zeugnisses verlangen.

Datenschutzrechtliche Sanktionen: Bei Datenschutzverstößen können Bußgelder verhängt werden.

Praktische Tipps für Arbeitgeber:innen

Um rechtssichere Arbeitszeugnisse zu erstellen, sollten Arbeitgeber:innen folgende Punkte beachten:

  1. Standardvorlagen verwenden: Entwickeln Sie einheitliche Vorlagen, die alle rechtlichen Anforderungen erfüllen
  2. Fortbildung der Mitarbeitenden: Schulen Sie Ihre Personalabteilung regelmäßig zu aktuellen rechtlichen Entwicklungen
  3. Vier-Augen-Prinzip: Lassen Sie alle Zeugnisse von einer zweiten Person prüfen
  4. Aktuelle Rechtsprechung beachten: Im November 2023 entschieden gleich zwei Gerichte zu Inhalt und Form eines Arbeitszeugnisses
  5. Zeitnahe Erstellung: Erstellen Sie Zeugnisse möglichst zeitnah nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Fristen und Verjährung

Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis verjährt nach drei Jahren gemäß § 195 BGB. Arbeitgeber sollten daher auch nach längerer Zeit noch in der Lage sein, ein ordnungsgemäßes Zeugnis auszustellen. Es empfiehlt sich, alle relevanten Unterlagen und Beurteilungen entsprechend aufzubewahren.

Zeugnissprache und Bewertungen

Die Ausgangsnote für ein Zeugnis ist die Note befriedigend. Arbeitgeber:innen müssen sich an die etablierte Zeugnissprache halten, die über ein verschlüsseltes System verfügt. Dabei gilt der Grundsatz der Wohlwollendheit: Das bedeutet, dass die Beurteilung dir die Jobsuche nicht erschweren darf.

Aktuelle Entwicklungen

Die Rechtsprechung zu Arbeitszeugnissen entwickelt sich kontinuierlich weiter. Inhaltliche Streitigkeiten über Arbeitszeugnisse führen jährlich zu über 30.000 Gerichtsverfahren. Arbeitgeber:innen sollten daher stets über aktuelle Urteile informiert sein und ihre Zeugnisspraxis entsprechend anpassen.

Fazit

Das Arbeitszeugnis ist ein komplexes rechtliches Instrument, das sorgfältige Beachtung aller Vorschriften erfordert. Die klare Regel lautet: Gehaltsangaben haben im Arbeitszeugnis nichts zu suchen und können erhebliche rechtliche Probleme verursachen. Darüber hinaus ist die korrekte Zeugnissprache und Bewertung von entscheidender Bedeutung. Fehler in diesem Bereich können ebenfalls erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen und führen häufig dazu, dass Arbeitnehmer:innen den Weg vor das Arbeitsgericht suchen. Arbeitgeber:innen sollten sich daher auf die gesetzlich vorgeschriebenen Inhalte konzentrieren, die Zeugnissprache präzise wählen und dabei stets das Wohlwollen gegenüber dem/der Arbeitnehmer:in wahren. Mit der richtigen Vorbereitung und Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung lassen sich rechtssichere Arbeitszeugnisse erstellen, die sowohl den Interessen des/der Arbeitgeber:in als auch des/der Arbeitnehmer:in gerecht werden.

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