Überstunden richtig abrechnen: Das müssen Arbeitgeber:innen wissen

In vielen Unternehmen sind Überstunden fester Bestandteil des Arbeitsalltags – ob bei Auftragsspitzen, Krankheitsausfällen oder saisonalen Engpässen. Doch die Abrechnung von Überstunden ist kein Selbstläufer: Gesetzliche Grundlagen, arbeitsvertragliche Regelungen und steuerliche Aspekte müssen berücksichtigt werden. In diesem Beitrag erfährst du, worauf Arbeitgeber:innen achten müssen, um Überstunden korrekt, rechtssicher und effizient abzurechnen.
Was zählt als Überstunde?
Überstunden sind Arbeitszeiten, die über die individuell vereinbarte oder gesetzlich zulässige Arbeitszeit hinausgehen.
- Für Vollzeitkräfte gelten in der Regel 40 Wochenstunden (bzw. 8 Stunden pro Werktag nach dem Arbeitszeitgesetz – § 3 ArbZG).
- Alles, was darüber hinausgeht, und von dem/der Arbeitgeber:in veranlasst oder geduldet wurde, gilt als Überstunde.
Wichtig: Überstunden müssen nachweisbar sein, z. B. durch ein Zeiterfassungssystem oder schriftliche Dokumentation.
Wann müssen Überstunden vergütet werden?
Grundsätzlich gilt: Überstunden sind zu vergüten, es sei denn, es gibt eine anderslautende Regelung im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung.
Mögliche Optionen:
- Bezahlung der Überstunden (ggf. mit Zuschlag)
- Freizeitausgleich im Verhältnis 1:1 oder abweichend
- Abgeltung durch das Gehalt (nur zulässig bei hoher Vergütung und transparenter Vereinbarung)
Achtung: Pauschale Klauseln wie „mit dem Gehalt sind alle Überstunden abgegolten“ sind nur bei deutlich überdurchschnittlicher Bezahlung wirksam (vgl. BAG-Urteil vom 01.09.2010, Az. 5 AZR 517/09).
Wie werden Überstunden korrekt abgerechnet?
1. Stundennachweis führen
Überstunden müssen dokumentiert sein – idealerweise digital und nachvollziehbar:
- Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit
- Pausen
- Genehmigung oder Kenntnisnahme durch Vorgesetzte
2. Regelung zur Vergütung prüfen
Siehe Arbeits- oder Tarifvertrag:
- Gibt es einen Zuschlag? (z. B. 25 % ab der 11. Stunde)
- Ist Freizeitausgleich vorgesehen?
- Muss die Mehrarbeit genehmigt werden?
3. Auszahlung berechnen
Berechnungsgrundlage ist der vereinbarte Stundenlohn, ggf. zzgl. Zuschlag.
Beispiel:
Monatsgehalt: 3.000 € brutto bei 160 Stunden → Stundenlohn: 18,75 €
→ 5 Überstunden = 93,75 € brutto zusätzlich
4. Sozialabgaben & Steuern beachten
Überstundenvergütung ist steuer- und sozialversicherungspflichtig – sie muss vollständig in der Lohnabrechnung erfasst und gemeldet werden.
Überstunden auszahlen oder ausgleichen?
Arbeitgeber und Arbeitnehmer:innen stehen oft vor der Entscheidung, wie Überstunden abgegolten werden sollen – durch Auszahlung oder durch Freizeitausgleich. Beide Optionen bieten jeweils unterschiedliche Vorteile.
Die Auszahlung von Überstunden bringt für Arbeitgeber den Vorteil eines klaren Abschlusses mit sich. Es kommt zu keiner Übertragung von Zeitguthaben, was die Verwaltung vereinfacht und Planbarkeit erhöht. Für Arbeitnehmer:innen bedeutet eine Auszahlung eine direkte finanzielle Vergütung und somit eine spürbare Belohnung für die geleistete Mehrarbeit.
Der Freizeitausgleich für Überstunden hingegen schont auf Arbeitgeberseite die Lohnkosten, da keine zusätzliche Vergütung gezahlt werden muss. Für Arbeitnehmer:innen bietet diese Variante die Möglichkeit, sich flexibel zu erholen und die eigene Work-Life-Balance aktiv zu gestalten – ein Aspekt, der insbesondere in modernen Arbeitsmodellen an Bedeutung gewinnt.
Typische Fehler bei der Überstundenabrechnung
Bei der Abrechnung von Überstunden kommt es in der Praxis immer wieder zu Fehlern, die rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen können – sowohl für Arbeitgeber:innen als auch für Arbeitnehmer:innen.
Ein häufiger Fehler ist keine oder eine unvollständige Zeiterfassung. Ohne eine genaue Dokumentation der geleisteten Arbeitszeiten ist weder eine faire Abrechnung möglich noch eine rechtssichere Nachvollziehbarkeit gewährleistet.
Ebenfalls problematisch ist eine pauschale Abgeltung von Überstunden ohne vertragliche Grundlage. Eine solche Regelung ist rechtlich nur zulässig, wenn sie klar und transparent im Arbeitsvertrag geregelt ist – pauschale Klauseln ohne konkrete Angaben können unwirksam sein.
Ein weiterer Fehler betrifft die falsche Berechnungsgrundlage bei Teilzeitbeschäftigten. Überstunden dürfen hier nicht mit Mehrarbeit gleichgesetzt werden. Es muss exakt berechnet werden, ab wann tatsächlich Überstunden im rechtlichen Sinne vorliegen.
Auch kommt es vor, dass Überstunden ausgezahlt werden, ohne die fälligen Steuern und Sozialabgaben zu berücksichtigen. Dies stellt nicht nur ein Risiko für den/die Arbeitgeber:in dar, sondern kann auch für Arbeitnehmer:innen steuerliche Nachteile mit sich bringen.
Schließlich darf ein Freizeitausgleich nicht ohne Zustimmung der Arbeitnehmer:innen erfolgen. Einseitig angeordneter Freizeitausgleich ist rechtlich nicht zulässig – er muss im Einvernehmen vereinbart werden.
Um diese Fehler zu vermeiden, sind eine sorgfältige Zeiterfassung, klare arbeitsvertragliche Regelungen und ein grundlegendes Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen unerlässlich.
Fazit
Überstunden sind in vielen Branchen nicht vermeidbar – umso wichtiger ist eine klare, transparente und rechtssichere Regelung. Wer als Arbeitgeber:in sorgfältig dokumentiert, faire und transparente Regeln schafft und die Lohnabrechnung korrekt umsetzt, schützt sich vor Konflikten und trägt zur Mitarbeiter:innenzufriedenheit bei.
Digitale Lösungen – wie cleverlohn – helfen dabei, Überstunden automatisch zu erfassen, korrekt zu berechnen und nahtlos in die Lohnabrechnung zu integrieren. So bleibt mehr Zeit für das Wesentliche: ein gut funktionierendes Team.
Über uns
cleverlohn ist ein digitales Lohnbüro mit Herz. cleverlohn Mandanten profitieren von einem kombinierten Angebot aus persönlichem Lohnbuchhalter und einer benutzerfreundlichen App. Das Beste aus zwei Welten. Über 400 Unternehmen vertrauen auf das Software & Service Konzept von cleverlohn.
Weitere Beiträge

Elternzeit ohne Stolpersteine: Das müssen Arbeitgeber:innen wissen

Homeoffice-Pauschale: Das müssen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen wissen
